1. Rechtsrahmen und zeitliche Einordnung
Die Ausweitung des EU-Emissionshandelssystems auf die Sektoren Gebäude und Straßenverkehr (ETS2) wurde mit der Verordnung (EU) 2023/955 formal beschlossen. Der Starttermin 2027 bleibt trotz politischer Diskussionen bestehen, wie die EU-Kommission im März 2024 erneut bestätigte (EUR-Lex, 2023; EU-Kommission, Q2/2024).
2. Preisbildung und Marktmechanismen
Forschungen des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK, 2024) zeigen:
- Der CO₂-Preis im ETS2 wird initial auf 45 €/t gedeckelt, kann aber bis 2030 auf 100-120 €/t steigen (Modellierung basierend auf EU-Emissionsreduktionszielen).
- Im Vergleich zum bestehenden ETS1 (Industrie/Energie) wird ein separater Markt geschaffen, um Preissprünge zu vermeiden.
3. Wirtschaftliche Effekte: Neue Berechnungsmodelle
Aktuelle Studien des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW, 2024) quantifizieren die Auswirkungen:
Kraftstoffkosten:
Bei 85 €/t CO₂ (mittleres Szenario für 2030) entstehen Zusatzkosten von:
- Diesel: +22,1 Cent/Liter
- Benzin: +19,8 Cent/Liter
- Erdgas: +16,7 Cent/kg
Wärmeversorgung:
Gasheizungen werden pro MWh um 32-38 € teurer (Fraunhofer ISI, 2024).
4. Verhaltensökonomische Erkenntnisse
Eine länderübergreifende Untersuchung des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC, 2023) zeigt:
- 68% der KMU in der EU haben die ETS2-bedingten Kostensteigerungen noch nicht in ihre Investitionsplanung integriert.
- Früh handelnde Unternehmen profitieren von:
- Geringeren Umstellungskosten (20-30% Kostenvorteil bei früher E-Mobilitätsumstellung, ICCT 2024)
- Besserem Zugang zu Fördermitteln (z.B. BAFA-Umweltbonus für gewerbliche E-Fahrzeuge)
5. Technologische Lösungsansätze
Forschungsergebnisse des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT, 2024) belegen:
- Fuhrparkumstellung: Bei >25.000 km/Jahr wird der TCO (Total Cost of Ownership) für E-Nutzfahrzeuge bereits 2026 unter Diesel liegen.
- Gebäudesanierung: Amortisationszeiten für Wärmepumpen verkürzen sich durch ETS2 um 2-4 Jahre.
6. Politische Entwicklungen (Stand Q2/2024)
- Der EU-Energierat beschloss im Juni 2024 zusätzliche Sozialfonds zur Abfederung von Preiswirkungen (Climate Social Fund).
- Nationale Umsetzung: Deutschland plant eine Kopplung der THG-Quote an ETS2 (BMWK, Referentenentwurf 04/2024).
- Kostenprognosen nutzen: Die EU-Kommission stellt seit Mai 2024 einen ETS2-Simulator für betriebliche Szenarioanalysen bereit.
- Forschungskooperationen prüfen: Programme wie Horizon Europe fördern Pilotprojekte zur CO₂-Reduktion (2024-2027).
- Datenbasierte Entscheidungen: Tools wie der TCO-Rechner des ICCT (2024 Update) ermöglichen detaillierte Fuhrparkvergleiche.