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Volkswirtschaftliche Bedeutung erneuerbarer Energien: Eine Analyse

Geschrieben von OHoE Team | 21. Juli 2025

Der Ausbau erneuerbarer Energien hat sich in den letzten Jahren von einer primär ökologischen zu einer zentralen volkswirtschaftlichen Fragestellung entwickelt. Aktuelle Studien belegen, dass die Transformation des Energiesystems nicht nur klimapolitische Ziele verfolgt, sondern substanzielle wirtschaftliche Effekte generiert. Die vorliegende Analyse basiert auf aktuellen Forschungsdaten (Stand 2024/2025) und untersucht die ökonomischen Auswirkungen des EE-Ausbaus sowie die Konsequenzen möglicher Verzögerungen.

Gesamtwirtschaftliche Effekte des EE-Ausbaus

Investitionsvolumen und Wertschöpfung

Laut Berechnungen des Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS, 2025) werden die Ausbauziele des EEG bis 2030 private Investitionen von über 260 Milliarden Euro auslösen. Diese verteilen sich wie folgt:

  • Photovoltaik: 103 Mrd. Euro
  • Onshore-Wind: 89 Mrd. Euro
  • Offshore-Wind: 67 Mrd. Euro
  • Bioenergie: 1,3 Mrd. Euro

Die Wertschöpfungskette erneuerbarer Energien umfasst drei Hauptbereiche (IÖW, 2024):

  1. Anlagenherstellung (Produktion von Komponenten)
  2. Planung und Installation (Projektentwicklung, Bau)
  3. Anlagenbetrieb (Wartung, Instandhaltung)

Besonders bedeutsam ist die dezentrale Wertschöpfung: Während die Produktion teilweise zentralisiert erfolgt, generieren Installation und Betrieb lokale Wirtschaftsimpulse. Studien des ZSW (2024) zeigen, dass 2023 über 23 Milliarden Euro an Betriebsimpulsen durch EE-Anlagen generiert wurden.

Beschäftigungseffekte

Die Bruttobeschäftigung im EE-Sektor (ohne Wärme) entwickelte sich wie folgt:

Jahr Beschäftigte
2023 267.000
2026 (Prognose) 364.000
2030 (Prognose) 495.200

Quelle: GWS (2025)

Die Arbeitsplätze konzentrieren sich insbesondere auf:

  • Maschinenbau und Betriebstechnik (32%)
  • Elektrotechnik (24%)
  • Projektentwicklung und -management (18%)

Technologie-spezifische Analysen

Windenergie

Der Onshore-Ausbau hinkt aktuell hinter den Zielen hinterher. Bei einer benötigten Steigerung von 63,5 GW (2024) auf 115 GW (2030) ergibt sich folgende Entwicklung:

Jahr Zubau (GW) Investitionen (Mrd. €)
2025 8,7 16,0
2030 17,4 17,4

Quelle: Bundesnetzagentur (2025a), eigene Berechnungen

Offshore-Wind zeigt bessere Ausbauzahlen, benötigt jedoch höhere spezifische Investitionen (2.200-3.400 €/kW vs. 1.300-1.900 €/kW Onshore).

Photovoltaik

Der PV-Ausbau entwickelte sich dynamischer als geplant:

  • 2024: Rekordzubau von 26 GW
  • Ziel 2030: 215 GW installierte Leistung

Die spezifischen Investitionen sinken kontinuierlich (1,5-3% p.a.), wobei sich der Fokus zunehmend auf Freiflächenanlagen verlagert (700 €/kW vs. 2.000 €/kW bei Dachanlagen).

Konsequenzen verlangsamten Ausbaus

Eine Reduktion des Ausbautempos um 25% hätte signifikante Auswirkungen:

1. Investitionen

  • Kumulativ 65 Mrd. Euro weniger Investitionen bis 2030
  • Besonders betroffen: Photovoltaik (-25 Mrd. €) und Onshore-Wind (-22 Mrd. €)

2. Betriebliche Wertschöpfung

  • 2 Mrd. Euro geringere jährliche Wirtschaftsimpulse ab 2030
  • Regionale Effekte besonders spürbar

3. Arbeitsmarkt

  • 64.400 weniger Beschäftigte im Jahr 2030
  • Fachkräfteengpässe in verwandten Branchen

Systemische Herausforderungen

Netzintegration und Flexibilität

Der zunehmende Anteil fluktuierender Erzeugung erfordert:

  • Netzausbau (aktuell 1.900 km Höchstspannungsleitungen in Planung)
  • Flexibilisierung des Lastmanagements
  • Speicherintegration (aktuell 6,5 GW Batteriespeicher installiert)

Arbeitskräftebedarf

Prognosen zeigen einen steigenden Bedarf an:

  • Elektroingenieuren (+28% bis 2030)
  • Fachkräften für Anlagenwartung (+35%)
  • Projektentwicklern (+40%)

Quelle: Bundesnetzagentur (2025b), Arbeitsagentur (2024)

Fazit und Ausblick

Die empirische Evidenz belegt die zentrale volkswirtschaftliche Bedeutung des EE-Ausbaus. Die Transformation des Energiesystems:

  1. Generiert substantielle Investitionsimpulse
  2. Schafft dauerhafte Beschäftigung
  3. Stärkt regionale Wertschöpfung

Ein Verfehlen der Ausbauziele hätte nicht nur klimapolitische, sondern erhebliche ökonomische Konsequenzen. Die größten Herausforderungen liegen in:

  • Beschleunigung der Planungsverfahren
  • Sicherung der Fachkräftebasis
  • Systemintegration der erneuerbaren Energien

Weitere Forschung ist insbesondere zu den Wechselwirkungen zwischen EE-Ausbau und industrieller Entwicklung notwendig.

Literaturverzeichnis

  • Bundesnetzagentur (2025a): Statistiken ausgewählter erneuerbarer Energieträger
  • Bundesnetzagentur (2025b): Marktbeobachtung: Monitoringbericht 2024
  • Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS, 2025): Wirtschaftliche Vorteile der erneuerbaren Energien
  • Fraunhofer ISE (2024): Stromgestehungskosten erneuerbare Energien
  • GWS (2025): Erneuerbar beschäftigt. Entwicklungen im Jahr 2023
  • IÖW (2024): Wertschöpfung durch Erneuerbare Energien
  • ZSW (2024): Wirtschaftliche Impulse durch Erneuerbare Energien