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2026: Schaltjahr für Energieeffizienz, Energiesicherheit und Dekarbonisierung in der energieintensiven Industrie

Geschrieben von OHoE Team | 23. Dezember 2025

Energieintensive Unternehmen in Deutschland gehen 2026 in eine Phase, in der sich mehrere Entwicklungen gleichzeitig überlagern:

  • steigende und stärker marktorientierte CO₂-Preise,
  • die volle Wirksamkeit neuer Regulierungen (EnEfG, CBAM),
  • verschärfte Transparenz- und Berichtspflichten (CSRD)
  • und eine Förderlandschaft, die immer konsequenter auf messbare Treibhausgasminderungen ausgerichtet ist.

Für CEOs und Energiemanager bedeutet das: 2026 ist weniger „business as usual“, sondern ein Jahr, in dem Weichen gestellt werden müssen – für Kostenstrukturen, Investitionsentscheidungen und die Positionierung im Wettbewerb.

Der folgende Überblick fasst die fünf wichtigsten Veränderungen ab 2026 für die energieintensive Industrie zusammen und skizziert, was Unternehmen konkret tun sollten.

1. Nationaler CO₂-Preis: Vom Festpreis in den Markt – mit Preiskorridor

Was sich 2026 ändert

Der nationale Emissionshandel (nEHS) für fossile Brennstoffe in Wärme und Verkehr verlässt 2026 die bisherige Festpreisphase (2021–2025). Statt fest definierter Preise kommt ein Auktionssystem mit einem Preiskorridor von 55–65 €/t CO₂ für 2026. Danach ist eine weitgehend freie Preisbildung ohne festen Korridor geplant.

Betroffen sind insbesondere Unternehmen, die Brennstoffe wie Erdgas, Heizöl oder bestimmte Spezialbrennstoffe außerhalb des EU-ETS einsetzen, etwa für:

  • Prozesswärme in Industrieöfen, Trocknungs- oder Dampfsystemen,
  • Raumwärme in großen Gebäudekomplexen,
  • eigene Fuhrparks, soweit sie dem nEHS zugeordnet sind.

Was das für Unternehmen bedeutet

  • CO₂-Kosten werden volatiler: Der Preiskorridor begrenzt zwar nach oben und unten, trotzdem ersetzt 2026 eine Marktlogik die bisherige planbare Festpreissteigerung.
  • Brennstoffentscheidungen werden strategisch: Substitution von fossilen Brennstoffen, Elektrifizierung von Prozesswärme und Abwärmenutzung werden betriebswirtschaftlich attraktiver.
  • Business Cases verschieben sich: Projekte mit hoher CO₂-Einsparung (z. B. Dampfrecycling, Abwärmenutzung, PV mit Eigenverbrauch) bekommen durch den Preisanstieg zusätzliche Renditetreiber.

Konsequenz für CEOs und Energiemanager:
CO₂-Preise gehören ab 2026 verbindlich in die Mehrjahresplanung. Wer Investitionsentscheidungen ohne CO₂-Kostenszenarien trifft, unterschätzt das Risiko seiner künftigen Energiekostenbasis.

2. CBAM in der definitiven Phase: Klimakosten an der Grenze

Was sich 2026 ändert

Der Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) der EU geht ab 2026 in sein endgültiges Regime über. Die Übergangsphase (2023–2025) mit reinen Berichts- und Datenpflichten wird abgelöst durch eine tatsächliche Bepreisung der in importierten Gütern enthaltenen Emissionen.

Betroffen sind zunächst Importe von besonders CO₂-intensiven Produkten wie:

  • Stahl und Aluminium,
  • Zement,
  • Düngemittel,
  • Strom,
  • Wasserstoff.

Die Einführung ist eng verknüpft mit der schrittweisen Reduktion kostenloser Zuteilungen im EU-ETS.

Was das für Unternehmen bedeutet

  1. Importeure energieintensiver Vorprodukte
    müssen Emissionsdaten ihrer Lieferanten beschaffen, sind zu regelmäßiger Berichterstattung verpflichtet und müssen perspektivisch CBAM-Zertifikate erwerben.
  2. Inländische Produzenten
    profitieren tendenziell von einem „Level Playing Field“ gegenüber Drittlandanbietern, stehen gleichzeitig unter Druck, ihre eigene CO₂-Intensität weiter zu senken, um im Wettbewerb zu bestehen.
  3. Exportorientierte Unternehmen
    werden mittelbar betroffen, wenn sie in Lieferketten sitzen, in denen EU-Hersteller und Importeure ihre Strategien anpassen.

Konsequenz für CEOs und Energiemanager:
CBAM ist kein „Zollthema“, sondern ein strategisches Risiko- und Standortthema. Energie- und Klimastrategie muss künftig mit Beschaffungs- und Markteintrittsstrategien zusammengedacht werden. Wer Stahl, Aluminium oder andere CBAM-Produkte importiert, braucht 2026 belastbare Datenstrukturen und Prozesse.

3. EnEfG in der Praxis: Umsetzungspläne, Abwärme und Transparenzpflichten

Was sich 2026 ändert

Mit dem Energieeffizienzgesetz (EnEfG) wird 2026 für viele Unternehmen erstmals der Punkt erreicht, an dem Pflichten nicht nur auf dem Papier stehen, sondern prüf- und sanktionierbar sind. Kernelemente für energieintensive Betriebe:

  • Unternehmen mit einem durchschnittlichen Gesamtendenergieverbrauch von > 7,5 GWh/a müssen ein Energie- oder Umweltmanagementsystem (ISO 50001 bzw. EMAS) einführen, in vielen Fällen mit Frist bis Juli 2025.
  • Unternehmen mit > 2,5 GWh/a sind verpflichtet, Umsetzungspläne für wirtschaftlich identifizierte Endenergieeinsparmaßnahmen zu erstellen, bewerten zu lassen (z. B. nach DIN EN 17463 / VALERI) und zu veröffentlichen.
  • BAFA- und IHK-Hinweise konkretisieren Fristen, u. a. zweite Meldung zum EnEfG bis 31. März 2026 sowie dreijährige Fristen zur Erstellung und Veröffentlichung von Umsetzungsplänen nach Audit oder Re-Zertifizierung.

Nichtbeachtung (z. B. keine oder unvollständige Umsetzungspläne, keine externe Bestätigung, keine Veröffentlichung) kann mit Bußgeldern von bis zu 50.000 € pro Verstoß geahndet werden.

Speziell relevant für energieintensive Standorte

  • Abwärmenutzung ist explizit adressiert: Unternehmen müssen Potenziale systematisch identifizieren und bewerten.
  • Die Wirtschaftlichkeitsbewertung zwingt dazu, Projekte methodisch und transparent aufzusetzen – etwa Abwärmenutzung aus Dampfprozessen, Dampfrecycling, Wärmerückgewinnung aus Abluft oder Prozesskühlung.

Was das für Unternehmen bedeutet

EnEfG-Pflichten sind nicht nur Compliance-Thema, sondern ein Katalysator zur Systematisierung von Energieeffizienz.

  • Wer 2025 nur das Nötigste dokumentiert, steht 2026 unter Beobachtung – Umsetzungspläne müssen fachlich belastbar, prüfbar und wirtschaftlich plausibel sein.
  • Interne Abwärmepotenziale, die bislang „nice to have“ waren, werden ab 2026 zum sichtbaren Prüfstein: Warum wird wirtschaftlich sinnvolle Abwärmenutzung nicht umgesetzt?

Konsequenz für CEOs und Energiemanager:
2026 ist der Zeitpunkt, an dem Energie- und Abwärmestrategie „prüfungsfest“ sein muss. Energiemanagement, Umsetzungspläne und Investitionsagenda sollten zusammengeführt werden – idealerweise auf Datenbasis (z. B. digitaler Zwilling der Energieströme).

4. CSRD & Nachhaltigkeitsberichterstattung: Energiestrategie wird berichtspflichtig

Was sich 2026 ändert

Mit der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) erweitert die EU den Kreis der berichtspflichtigen Unternehmen massiv.

  • Unternehmen, die bereits unter der alten NFRD berichtspflichtig waren, müssen ab Berichtsjahr 2024 nach CSRD berichten.
  • Viele weitere große Unternehmen (u. a. nicht-börsennotierte Großunternehmen) fallen ab Berichtsjahr 2025 in den Anwendungsbereich, ihre ersten CSRD-Berichte werden 2026 veröffentlicht.

Parallel wurde 2025 ein „Stop-the-clock“-Mechanismus beschlossen, der Schwellenwerte und Zeitpläne teilweise anpasst. Dennoch gilt: Ein großer Teil der energieintensiven Industrie muss ab Mitte der 2020er Jahre verpflichtend und detailliert über Klima-, Energie- und Ressourcenthemen berichten.

Was das für Unternehmen bedeutet

  • Energie- und Klimadaten (Verbräuche, Emissionen, Reduktionspfade) werden Teil des regulären Berichts- und Prüfungsprozesses.
  • Investitionen in Energieeffizienz, Dekarbonisierung, Abwärmenutzung und Eigenstrom werden zu Kennzahlen, die Banken, Investoren, Kunden und Aufsichtsgremien sehen – und einordnen.
  • Strategische Glaubwürdigkeit entsteht nur, wenn EnEfG-Umsetzungspläne, CO₂-Preis-Strategie und CSRD-Ziele zusammenpassen.

Konsequenz für CEOs und Energiemanager:
2026 ist das Jahr, in dem sich entscheidet, ob Energiestrategie und Nachhaltigkeitsberichterstattung sauber integriert sind. Wer Energie- und Klimathemen nur operativ behandelt, wird in der CSRD-Praxis sichtbare Lücken produzieren.

5. Förderlandschaft & Finanzierung: Effizienzprojekte werden professioneller

Was sich 2026 ändert

Die Bundesförderung für Energie- und Ressourceneffizienz in der Wirtschaft (EEW) bleibt das zentrale Instrument zur Förderung von Effizienz- und Dekarbonisierungsprojekten in der Industrie.

Kernelemente:

  • technologieoffene Förderung von Effizienzmaßnahmen, Prozesswärme, Abwärmenutzung und Anlagenoptimierung, meist auf Basis eines Einsparkonzepts mit nachgewiesener Treibhausgasminderung,
  • stärkere Fokussierung auf Projekte mit substanziellen CO₂-Einsparungen (Dekarbonisierungsbonus, Premiumförderung),
  • vollständige Umstellung der Antrags- und Nachweisprozesse auf ein zentrales digitales Portal der „Förderzentrale Deutschland“ für Anträge ab September 2025 – relevant für die gesamte Projektpipeline ab 2026.

Was das für Unternehmen bedeutet

  • Projekte müssen technisch, wirtschaftlich und methodisch sauber vorbereitet werden (Einsparkonzepte, CO₂-Faktoren, Wirtschaftlichkeitsrechnung).
  • Abwärme-, Dampfrecycling- oder PV+Speicher-Projekte mit klar quantifizierbaren CO₂-Effekten haben 2026 besonders gute Chancen auf Förderung.
  • Wer die Förderlogik früh einbindet, kann Investitionsentscheidungen beschleunigen und die Eigenkapitalbelastung reduzieren.

Konsequenz für CEOs und Energiemanager:
Fördermittel sind kein „Nice-to-have“, sondern ein zentraler Hebel, um die Wirtschaftlichkeit ambitionierter Transformationsprojekte zu verbessern. 2026 wird zum Jahr, in dem professionelle Förderstrategie und Projektentwicklung zum Wettbewerbsvorteil werden.

Was sollten energieintensive Unternehmen 2026 konkret tun?

Zusammengefasst ergeben sich fünf zentrale Handlungsfelder:

  1. CO₂-Kosten in die Strategie integrieren
    Szenarien für nEHS- und EU-ETS-Preise entwickeln und Investitionen in Elektrifizierung, Abwärmenutzung, Dampfrecycling und Effizienz systematisch bewerten.
  2. EnEfG-Compliance als Chance nutzen
    Energiemanagementsysteme nicht nur formal einführen, sondern zur echten Steuerungsgrundlage machen und Umsetzungspläne für wirtschaftliche Maßnahmen professionalisieren (inkl. Abwärmepotenziale, VALERI-Bewertung).
  3. CBAM-Exposure prüfen
    Beschaffung und Lieferketten auf CBAM-relevante Güter analysieren, Emissionsdaten von Lieferanten einfordern und interne Prozesse für CBAM-Berichterstattung vorbereiten.
  4. CSRD-Readiness herstellen
    Energie- und Emissionsdaten so aufbereiten, dass sie prüfungsfest und CSRD-konform sind, und Ziele sowie Maßnahmen zur Dekarbonisierung in Geschäftsstrategie, Risikomanagement und Berichterstattung verankern.
  5. Förder- und Finanzierungsstrategie aufsetzen
    Projektpipeline (Abwärme, Prozesswärme, PV+Speicher, Effizienz in Querschnittstechnologien) und passende EEW-Module identifizieren und interne Kapazitäten oder externe Partner für Einsparkonzepte, Förderanträge und Monitoring einsetzen.

Wer diese Punkte 2026 konsequent adressiert, verbindet Energieeffizienz, Energiesicherheit und Dekarbonisierung zu einer gemeinsamen Agenda: Kosten senken, Risiken reduzieren, Wettbewerbsfähigkeit sichern.

Quellen (Auswahl)

Nationaler Emissionshandel & CO₂-Preis

  1. BMWK: Dossier „Emissionshandel“ – Informationen zum nationalen Emissionshandel (nEHS) und zur Einführung eines Preiskorridors von 55–65 €/t CO₂ ab 2026.
  2. DEHSt: Mitteilung zum Übergang des nEHS in die Auktionsphase 2026 und zur Umsetzung des Preiskorridors.
  3. Umweltbundesamt: Fachpapier zur Umsetzung des Preiskorridors im Jahr 2026 im nEHS.
  4. IHK Darmstadt: Überblicksseite zum BEHG und zur Entwicklung des nationalen CO₂-Preises.
  5. Informationsseite Schönmackers: Praxisorientierte Zusammenfassung der BEHG-Regelungen ab 2026.

CBAM (Carbon Border Adjustment Mechanism)

  1. Europäische Kommission, Taxation & Customs: „Carbon Border Adjustment Mechanism“ – Beschreibung des Mechanismus und der Übergangs- und Definitivphase.
  2. Europäische Kommission, CBAM Guidance: Leitfaden zur Umsetzung und zu Berichtspflichten für Importeure.
  3. IWF Working Paper: „The EU’s CBAM: Implications for Member States and Trading Partners“ – Erläuterung der Einführung und Kostenpflicht ab 2026.
  4. EUMarketReady: „CBAM 2026–2027 readiness guide“ – praxisorientierter Leitfaden zu Pflichten ab 2026.

Energieeffizienzgesetz (EnEfG)

  1. BAFA: Merkblatt zum Energieeffizienzgesetz (EnEfG), Stand 01.10.2025 – Konkretisierung von Umsetzungsplänen, Fristen, Bußgeldern.
  2. IHK Niederrhein & SIHK: Informationsseiten zu Pflichten, Schwellenwerten (> 2,5 GWh / > 7,5 GWh) und Managementsystemen nach EnEfG.
  3. Gesetzestext § 9 EnEfG – Definition „wirtschaftlicher Maßnahmen“, Fristen und Bestätigungspflichten.
  4. Diverse Fachbeiträge (u. a. Energiekosten360, Optenda, Tenag, Proterra): Auslegung und praktische Hinweise zu EnEfG-Umsetzungsplänen, Fristen bis 2026 und VALERI-Bewertung.

Förderprogramme EEW & Förderlogik

  1. BAFA: „Bundesförderung für Energie- und Ressourceneffizienz in der Wirtschaft – Energieeffizienz und Prozesswärme“ – Fördermodule, Anforderungen und Einsparkonzepte.
  2. BAFA: Übersicht zur EEW und Umstellung auf das neue zentrale Online-Portal der Förderzentrale Deutschland ab 15.09.2025.
  3. BMWK: Evaluation der EEW – Abschlussbericht zur Wirksamkeit des Programms und zur Ausrichtung auf THG-Minderung.

Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD)

  1. Europäische Kommission – Corporate Sustainability Reporting: Überblick über CSRD, Anwendungsbereich und verschobene Einstiegszeitpunkte („Stop-the-clock“-Richtlinie).
  2. IntegrityNext & Planmark: CSRD-Timeline und Darstellung der gestaffelten Einführung (2025–2029) inkl. Pflichten für große Unternehmen ab Berichtsjahr 2025.
  3. KPMG: Analyse des EU-Omnibus-Pakets und der Änderungen bei CSRD-Schwellenwerten und Zeitplänen.